14. November 2022 von Thomas Oysmüller

Xi_frontal_vor_KPC_Fahne

Mit einer neuen Erklärung hat Peking die Wende in seiner Covid-Politik eingeleitet. Nach Jahren der radikalen und brutalen Virusrestriktionen findet man jetzt Töne der Great Barrington Deklaration in der chinesischen Virusstrategie. Die letzte Covid-Bastion fällt damit.

TKP hatte bereits berichtet, dass nach dem Parteitag der KPCh Gerüchte um eine baldige Abkehr der chinesischen Covid-Politik die Runde machten. Offenbar auch, weil Xi Jinping die west-affinen Teile der Partei geschwächt hat. Nun hat das Politbüro der Kommunistischen Partei 20 Änderungen der „Null-Covid“-Politik beschlossen. Zwar dürfte die übliche Rhetorik beibehalten werden, und China wohl nicht sofort auf das Leben von vor 2020 zurückkommt, womit das Magazin „UnHerd“ rechnet, jedoch sind die neuen Beschlüsse „eine grundlegende Änderung des Ansatzes“.

Quarantänelager leeren sich

So wird etwa das „Contact Tracing“ zur Kontaktverfolgung infizierter Personen abgeschafft. Das wird die Quarantänelager in China leeren. Auch wird häusliche Quarantäne in Hochrisikogebieten erlaubt, wodurch die Lager zusätzlich weniger benötigt werden. Weiters wird der einheitliche Zugang zum Umgang mit Covid fallengelassen. Ein entscheidender und bedeutsamer Schritt. Die neue Erklärung sucht einen „gezielten Schutz“ anfälliger Gruppen, will aber nicht mehr alle Bevölkerungsgruppe vor dem Virus schützen.

Jay Bhattacharya, Stanford-Professor und ein Initiator der Great Barrington Deklaration, kommentiert den neuen Zugang Chinas: „Es freut mich zu hören, dass die chinesische Regierung zur Vernunft gekommen ist. In nicht allzu langer Zeit, in ein, zwei oder vielleicht drei Jahren, wird sich niemand mehr daran erinnern, jemals gegen die Great Barrington Deklaration gewesen zu sein.“

Das Politbüro nimmt in einem weiteren Änderungsantrag lokale Behörden stärker an die Leine: „Lokale Parteikomitees und Regierungen müssen die nationale, einheitliche Präventions- und Kontrollpolitik strikt umsetzen. Es ist strengstens untersagt, Schulen und Klassen zu schließen, die Arbeit und die Produktion einzustellen, den Verkehr ohne Genehmigung einzuschränken, nicht genehmigte Abriegelungen vorzunehmen oder übermäßig lange Abriegelungen aufrechtzuerhalten. Andere übertriebene Verhaltensweisen wie die willkürliche Aussetzung von Diagnosen und medizinischen Behandlungen werden verstärkt gemeldet und öffentlich bekannt gemacht, was zu einer strengen Bestrafung derjenigen lokalen Behörden führt, die schwerwiegende Folgen verursachen.“

Für die Zentralregierung ist die Zeit lokaler drakonischer Behörden somit vorbei. Ein Zeichen, wie unpopulär Chinas Covid-Politik in der Bevölkerung mittlerweile ist. Ob der Grund für das Ende der Covid-Politik nun der Ärger innerhalb der Bevölkerung ist, der Zustand der Wirtschaft oder die Veränderungen innerhalb der Partei nach dem Parteitag, ist schwer zu sagen. Es könnte auch ein Zusammenspiel aus all diesen drei Gründen sein.

Die Analyse von „Unherd“ schließt mit dem Urteil:

„Die Reduktion der Beschränkungen sowie die Einführung eines gezielteren Ansatzes sind ein zwei Jahre zu spätes Zugeständnis an die Tatsache, dass ein Virus wie Covid nicht auf null gehalten werden kann, ganz gleich, wie totalitär der Staat und wie zwanghaft die Politik ist. Natürlich kommt dies alles zu spät für die Hunderte von Millionen chinesischer Bürger, die mit den Folgen eines solchen fehlgeleiteten Ehrgeizes leben mussten.“

Bild China News Service习近平 Xi Jinping 20221023 01CC BY 3.0

Ursprünglich veröffentlicht auf tkp.at

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