Der Filmemacher Robert Cibis trifft die Berliner Schriftstellerin Irina Liebmann. Liebmann, Preisträgerin des Uwe Johnson Preises 2020, wird im Gespräch mit Robert Cibis der Frage nachgehen, wo eigentlich unser Verhältnis zum Schönen und Guten geblieben ist. Unserer heutigen Kultur scheint ein Begriff vom Schönen und Guten und überhaupt eine Vorstellung vom Gelingen zu fehlen. Stattdessen wird unsere Öffentlichkeit und Alltagskultur von Dystopien und Gewalt beherrscht. Disharmonien und Hoffnungslosigkeit dominieren, wohin man blickt. Angesichts dessen stellt sich die Frage, welche Zukunft eine Gesellschaft haben kann, die ihr eigenes Scheitern in fast allen ihren Selbstdarstellungen lustvoll vorwegnimmt und zelebriert?

Zu den Büchern

01:00:59:09 – Irina Liebmann

01:10:23:20 – Monika Maron Essay für den Spiegel – Ausgabe 17/1994_24.0
4.1994 Was ist eigentlich los? Ausgewählte Essays aus vier Jahrzehnten_Hoffmann und Campe, HH 2021 ISBN 678-3-9820131-6-9

01:14:54:11 – Kurt Tucholsky „Wir Negativen“, Kurt Tucholsky „Heimat“

01:23:44:09 – Irina Liebmann In Berlin_1994 Die Grosse Hamburger Strasse_2020 Die Freien Frauen_2021

01:29:28:18 – Viktor Klemperer_& LTI – „Die Sprache des dritten Reiches“ (1947)

01:32:15:05 – Primo Levi „Ist das ein Mensch?“ (1947)

01:38:36:01 – Brecht Lied „Am Grunde der Moldau da wandern die Steine“ Bertold Brecht Das Lied von der Moldau oder Es wechseln die Zeiten Lied aus dem Drama “Schweyk im Zweiten Weltkrieg”
Musik: Hanns Eisler

01:39:36:13 – Merkel nach der G7-Videokonferenz „Die Pandemie ist erst besiegt, wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind“, erklärte Bundeskanzlerin Merkel nach der Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G7. Im Fokus der Gespräche standen die Pandemiebekämpfung, die Erholung der Weltwirtschaft und das Engagement in Afrika. Freitag, 19. Februar 2021

01:49:08:15 – Yadegar Asisi Pergamonrotunde



Irina Liebmann – Schriftstellerin

Ein Mensch, wie stolz das klingt.

In ihrem Roman „Die Große Hamburger Straße“ macht die Berliner Schriftstellerin Irina
Liebmann eine Prophezeiung: Wenn dieses Buch erscheint, wird Krieg sein. Offiziell
veröffentlicht wurde der Roman im März 2020, wenige Stunden vor Lockdown Nummer 1.
Natürlich ist das nur ein Zufall, hatte die Autorin eher andere Kriegsschauplätze im Sinn als die
der globalen Virenprävention.
Die richtige Frage an dieser Stelle wäre allerdings trotzdem: Wie konnte sie 2015 so was
erahnen? Woher kommt das Gespür für unterschwellige gesellschaftliche Spannungen? In
diesem erfrischend klaren Gespräch berichtet sie von ihrer Vergangenheit an der Nahtstelle
zweier hochgerüsteter Blöcke in Berlin-Ost [10:28]. Menschen, die die ehemalige DDR erlebt
haben, können wahre Orakel sein, wenn es darum geht, zwischen den Zeilen zu lesen [13:33].
Irina Liebmann erläutert, was die seherischen Fähigkeiten ihrer Generation ausmachen könnte,
deren Augen nicht von Wohlstand und sonnigen Fernreisen geblendet waren. In diesem
Gespräch wird somit auch deutlich, dass es sich durchaus lohnen dürfte, einen DDR-Bürger
nach seiner Interpretation der Lage zu fragen, wenn sich bei politischen Maßnahmen ein
Grummeln im Bauch bemerkbar macht. Widersprüche wittern, kann zu einer echten Stärke
werden.
Irina Liebmann geht es vor allem aber auch um unsere chronische Schwäche, stets von einem
Mangel her zu denken und zu leben, statt sich auf die Schönheit und Komplexität der Welt zu
besinnen. In unterhaltsamen Beispielen beklagt sie unsere Suchtgesellschaft, die immer
stärkere Reize benötigt, um sich selbst überhaupt noch zu spüren: Auch mal eine interessante
Diagnose für eine Zeit, in der sich alle Welt auf Nasen- und Rachenabstriche konzentriert. Doch
es gibt Hoffnung, auch die Corona-Krise zu überwinden, davon ist die Autorin überzeugt.
Außerdem klärt sie in diesem Interview die Fragen, was Außerirdische mit dem
Deutschlandfunk und Napoleon mit dem Transhumanismus [42:50] zu tun haben könnten –
wenn man die Fantasie bemüht.

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